Arist RhetorikAristoteles: Rhetorik 

Paul Natterer
Reihe: Aufsätze zur Klassischen Philologie

2008
8 Seiten
Sprache: Deutsch
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

Datenübermittlung:

Aristoteles: Rhetorik

 

Artikelbeschreibung

Die Rhetorik des Aristoteles ist nach Umfang und Tiefgang ein wahrscheinlich unerreichter Klassiker der Materie, sowohl was die logische Analyse [Sachebene] als auch was die psychologische Analyse [Emotionsebene] und die ethische Analyse [Kontaktebene] angeht. Bei ihm ist eigentlich schon alles vorgedacht. Mit dem Stoff Vertraute erkennen unschwer, dass der zweite ganz große Klassiker der Rhetorik, Ciceros de oratore, eine meist mittelbare Rezeption und schöpferische Aneignung der Vorlage der aristotelischen Tradition ist. Cicero macht selbst kein Hehl daraus und wiederholt öfter seine besondere Wertschätzung des Aristoteles und von dessen Rhetoriktheorie. Das Papier fasst die Grundsätze des Aristoteles zur Redelehre und -technik zusammen und erläutert sie:

  • Rhetorik ist eine Entwicklung und Verbindung von Dialektik und Psychologie (Rhet. I.2, 1356a25f.) und hat die Ethik zur notwendigen Ergänzung.
  • Aufgabe der Rhetorik ist die „Untersuchung dessen, was an jeder Sache Glaubwürdiges vorhanden ist“ (Rhet. I.1, 14, 1355b).
  • Rhetorik ist nicht nur wie die Dialektik logische Sachargumentation, sondern auch eine Sache der Glaubwürdigkeit des Sprechers und der emotionalen Einstellung der Zuhörer.
  • Rhetorik ist systematische Beherrschung der Logik des wirklichen Lebens, welche ebenso eine Logik des Herzens und eine Logik des Handelns wie eine Logik des Verstandes ist.
  • Die Rede kann somit (i) durch die sachliche Begründung oder Beweisführung überzeugen, (ii) durch die persönliche Glaubwürdigkeit des Sprechers, (iiI) durch das Ansprechen oder die Lenkung der Gefühle des Publikums.
  • Überzeugen durch das Wort beinhaltet mithin dieBeherrschung dreier kommunikativer Faktoren: Sachebene – Kontaktebene – Emotionsebene.
  • Emotionsebene und Kontaktebene dürfen die vernunftorientierte Sachebene nicht verdrängen oder zudecken.
  • Auf der Kontaktebene muss der Sprecher durch seinen Charakter, seine Persönlichkeit, seine Glaubwürdigkeit überzeugen.
  • Die erfolgreiche Meisterung der Emotionsebene hat zur Voraussetzung das Wissen um die Definition, die Ursachen und Wirkungsweisen der einschlägigen Gefühle.
  • Die Handhabung der Sachebene besteht in zwei Typen der Argumentation: Induktionen [Ableitung des Allgemeinen aus dem Besonderen] und Deduktionen [Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen].
  • Der induktive rhetorische Schluss oder Beweistyp ist das Beispiel (Paradeigma, exemplum) (Rhet. I.2, 1357b25ff.).
  • Der deduktive rhetorische Schluss ist das Enthymem (lateinisch: argumentum). Es handelt sich dabei um eine Behauptung [These] mit einer Begründung [Argument] aus allgemein akzeptierten oder hoch wahrscheinlichen Prämissen [in heutiger Terminologie: ein deduktives Argument]: „Ich nenne aber das Enthymem einen rhetorischen Syllogismus und das Beispiel (paradeigma) eine rhetorische Induktion“ (Rhet. I.2, 8; 1356b).
  • Wie in der Dialektik sind in der Rhetorik allgemeingültige Argumentationsmuster wichtig. Sie heißen topos und sind ein allgemeines Analyse- und Beweisschema, in das konkrete Fakten und Argumente als dessen Instanzen eingesetzt werden können.
  • Esprit und Eleganz des Sprechens werden erzeugt durch „die drei Aspekte: metaphorischer, antithetischer und lebendiger Ausdruck“ (Rhet. III.9, 6, 1410b): Bei der Wortwahl ist die überraschende Metapher das Wichtigste; bei den Wortverbindungen die geistvolle Antithese; bei der gedanklichen Aufbereitung die anschauliche Belebtheit.