L9 Intensionale Logik

Seebohm (Philosophie der Logik 1984): Nichtreduzierbarkeit des Problembestandes der Intensionalen Logik auf die Nachklassische Semantik 

Paul Natterer

2009 [1999]
6 Seiten
Sprache: Deutsch
Reihe: Aufsätze zur Logik und Wissenschaftstheorie
Ausgabe: PDF-Datei
Format: DIN A4

 

Datenübertragung:

Intensionale Logik in der Nachklassischen Semantik

Artikelbeschreibung

B. Russell [gemeinfrei]Die etwa von 1890–1960 im Vordergrund stehende mathematische Logik der Frege-Russell-Tarski-Tradition hatte die Logik extensional, formalistisch und axiomatisch gefasst und so riesige Bereiche logischer Rationalität und Kognition eingeklammert. Paradoxerweise hat selbst Frege als Begründer der klassischen formalisierten Logik in extensionaler Interpretation, die Vor- und Überordnung von begrifflichen Intensionen und von deren Gewinnung programmatisch herausgestellt. Damit zusammenhängend hat Frege die eigene Entscheidung für den Primat der extensionalen Interpretation der Logik später selbstkritisch in Frage gestellt und bereut (vgl. Schüler Grundlegungen der Mathematik in transzendentaler Kritik. Frege und Hilbert, Hamburg 1983, 1–29), Seebohm (a.a.O. 1984, 220, 234)). [Foto rechts, GNU FDL: Bertrand Russell, 1872-1970, Mitautor der Principia Mathematica, neben der Begriffsschrift Freges das Grundbuch der formalisierten mathematischen Logik]

Die nachklassische formalisierte Logik - seit Mitte des 20. Jh. bis heute - beabsichtigt nun genau eine logische Analyse und Erfassung aller Bereiche der Kognition in Sprache und Lebenswelt, nicht nur des mathematischen Denkens. Diese Entwicklung ist dadurch gekennzeichnet, dass die ursprünglich rein extensional aufgebaute formalisierte Logik der Moderne auf das überall auftauchende Problem des Begriffsanalytischen (Intensionale Logik / Modallogik) stieß und dieses einzuarbeiten suchte. Grundlegend Lewis / Langford: Symbolic Logic, 1932, und Carnap: Meaning and Necessity, Chikago 1947. Dazu kam die Herausforderung durch das sog. Qualifikations- und Rahmenproblem, nämlich die Begrenztheit und Zeitabhängigkeit der Annahmen- und Datenbasis konkreten menschlichen Wissens und Denkens: Epistemische Logik und Zeitlogik. Grundlegend für Erstere sind G. H. v. Wright, N. Rescher und v.a. Hintikka: Knowledge and Belief, London 1962, für Letztere Prior: Time and Modality, Oxford 1957.

Die hier auf allen Ebenen der Logik und/oder Kognitionswissenschaft anstehende Herausforderung ist mithin die intensionale Analyse als Bedeutungs- oder Sinnanalyse. Diese intensionale Begriffsanalyse (Sinnanalyse) oder Bedeutungstheorie ist eine Herausforderung in allen Bereichen der formalisierten klassischen und nachklassischen Logik. Vgl. die repräsentativen Darstellungen und Diskussionen bei Garson: Quantification in Modal Logic. In: Gabbay, D. / Guenthner, F. (Hrsg.) Handbook of Philosophical Logic II, 1984, 249–307; Carnap: Meaning and Necessity, 2. Aufl. Chikago 1956, 1–7; Quine: Wort und Gegenstand, Stuttgart 1998 [1960], 275–330, sowie Davidson: Der Mythos des Subjektiven, Stuttgart 1993, 16–39. Eine aktuelle Einführung hierzu liegt vor von dem Bonner Logiker und Wissenschaftstheoretiker R. Stuhlmann-Laeisz: Philosophische Logik, Paderborn 2002.

Seebohms in verschiedener Hinsicht bahnbrechende Philosophie der Logik evaluiert diese Entwicklung und formuliert die Thesen: (i) Die formalisierte Logik in Gestalt der modernen Prädikatenlogik und besonders Modallogik intendiert eine extensionale Handhabung von Intensionen und eine formalistische Rekonstruktion der Umgangssprache und bleibt so technisch extensional. (ii) Die Nichtersetzbarkeit und Priorität der Begriffslogik liegt zweitens in der Rekursivität formalisierter Kalküle und zugeordneter semantischer Modelle, die eine intensional-pragmatische Bedeutungstheorie voraussetzen. Das Papier stellt diese beiden Thesen und deren Begründung näher vor.